Kolumne vom Juni 2011
Manchmal staune ich über die Probleme, die uns und unsere Gesellschaft beschäftigen. Vor wenigen Tagen las ich im Thuner Tagblatt einen Bericht über eine Studie, welche klären sollte ob fromme Lehrkräfte an unseren Schulen ein Problem sind. Die Schlussfolgerung hat mich weder erstaunt noch überrascht. Ich wüsste einfach zu gerne wer diesen Bericht in Auftrag gegeben und bezahlt hat. Warum hat unsere Gesellschaft im Kanton Bern in letzter Zeit das Gefühl oder den Eindruck, die Pädagogische Hochschule (PH) werde von frommen jungen Menschen überschwemmt? Bis jetzt war ich der Meinung, wir hätten zu wenig angehende Lehrkräfte und seien froh um jede einzelne motivierte Person, die bereit ist, sich in diesem schwierigen Beruf zurechtzufinden.
Ist uns bei solchen Fragestellungen noch bewusst, dass die ersten Lehrpersonen unserer Kultur Priester und Mönche waren? Über viele Jahrhunderte wurden die Bildung und auch die Medizin geprägt durch unsere Klöster und Pfarrherren, denen das Wohl der Kinder und der Jugend am Herzen lagen. Die frommen Mönche und Nonnen erfüllten ihre Aufgabe meistens mit viel Hingabe und Einsatz zu Gottes Lohn. Mir ist durchaus bewusst, dass in diesen Zeiten nicht alles gut und goldig war und schon gar nicht bin ich eine Befürworterin des Priestertums mit seinem Zwang zum Zölibat. Natürlich kenne ich die unglaublichen Geschichten um sexuelle Missbräuche aber grundsätzlich ist sehr viel Wichtiges und Gutes in Klöstern und Kirchen entstanden. Ich bin davon überzeugt, dass diese durch den Glauben geprägten Menschen sehr viel zur Entwicklung unserer Kultur beigetragen haben. Auf einmal sind christliche Lehrkräfte eine Bedrohung für unsere Kinder und unsere Schule, was soll denn das?
Über fast 20 Jahre durfte ich an unzähligen Lehrerwahlen teilnehmen und mitentschieden. Mehrmals haben wir dabei auch Lehrkräfte angestellt, die wohl genau dem landläufigen Klischee einer frommen Lehrkraft entsprechen: Mitglied einer Freikirche, Leiterin oder Leiter einer Jungschar, am Sonntag besucht Mann/Frau den Gottesdienst, singt in einem Gospelchor, macht Lobpreismusik usw. Ich kann ihnen allen versichern, genau bei diesen Lehrkräften findet man unglaublich motivierte, engagierte und aufgestellte Persönlichkeiten, die in ihrem Arbeitsalltag sehr geschätzt werden. Die Leute, die von missionarischem Eifer erfüllt sind und arme Seelen retten wollen, fallen bereits beim Vorstellungsgespräch auf. Sie beantworten Fragen zu ihrem "frommen" Engagement offen und ehrlich. Es ist also spätestens dann jeder Anstellungsbehörde freigestellt eine Person anzustellen oder nicht. Übrigens ist der ganze esoterische Humbug viel weniger erkenn- und erfassbar und auch davon wird unsere Schule nicht verschont. Ob dies für die Schule ein Gewinn ist, wage ich persönlich auch zu bezweifeln. Auch hier gilt, alles Extreme ist ungesund.
Ich bin übrigens überrascht, dass gerade aus der Baulobby nie ein Einwand kommt, wenn das Wort Fundament mit einem negativen Beigeschmack betont wird. Für jede Bauherrin und jeden Baufachmann ist es der Horror, wenn ein Haus auf einem schlechten Fundament steht. Wohin das führt können wir dann wieder im Thuner Tagblatt lesen oder in den Verhandlungen des Grossrates hören. Warum haben wir dann ein so grosses Problem wenn Menschen ein starkes Fundament haben?
Ich bin froh, gibt es nun diesen Bericht, der doch bestätigt, dass alles nur halb so schlimm ist und wohl kein Grund zur Aufregung besteht. Der Schulunterricht muss nach dem gültigen kantonalen Lehrplan stattfinden. Selbstverständlich geprägt durch die Persönlichkeit jeder einzelnen Lehrkraft. Zum grossen Glück ist das so, dadurch erleben wir in unseren Schulen eine grossartige Vielfalt an Formen und Farben, an Aktivitäten und Varianten der Stoffvermittlung. Davon profitieren unsere Kinder und unsere Gesellschaft. Seien wir dankbar, dass es so ist. Übrigens, liebe Eltern, denken Sie daran; Lehrkräften darf man durchaus auch einmal eine positive Rückmeldung geben und nicht nur dann reagieren, wenn etwas schief läuft. Der Lehrerlohn ist im Kanton Bern tatsächlich nichts Besonderes da braucht es noch eine andere Berufsmotivation.