Kolumne vom Juni 2012
Stell dir vor es ist Europacup Final in Thun und das Korps der Kantonspolizei Bern arbeitet mit Normalbestand. Nach den Erlebnissen und Erfahrungen dieses Fussballwinters undenkbar. Wochenende für Wochenende sorgt in Bern oder Thun oder irgend in einer anderen Stadt der Schweiz, ein grosses Polizeiaufgebot dafür, dass sogenannte Fans ihren Saubannerzug vom Bahnhof zum Stadion und zurück einigermassen geordnet durchziehen. Logistische Transportplanung und Überlegungen von Sicherheitsfachleuten bei der Planung der neuen Stadien zum Trotz, die Masse bestimmt in welchem Bahnhof der Zug hält und ob die zur Verfügung gestellten Busse benutzt werden oder nicht. Anscheinend gehört so etwas zur Fankultur wenn am Mittwoch vor der Auffahrt während des Feierabendverkehrs der Bahnhof Bern weitgehend gesperrt wird. Oder auch Fankultur sollen 2000 Grad heisse Pyros sein die in Stadien zwischen Leuten gezündet werden. Wen wunderts, dass grosse Teile der Bevölkerung darüber nur noch den Kopf schütteln. Würde das nicht alles mit Steuergeldern bezahlt, würde ich mich nur wundern, so ärgert es mich masslos.
Stell dir vor es ist Europacup Final und alle Polizistinnen und Polizisten in der Region arbeiten nach Dienstplan, oder sitzen mit Kind und Schildkröte vor dem Schweizer Sportfernsehen und geniessen das Spiel zwischen Wacker Thun und Diomidis Argos. Als Highlight kommentiert vom ehemaligen Spitzenhandballer Sven Zbinden. Herzlichen Dank und herzliche Glückwünsche Wacker Thun für dieses spannende Spiel. Ein Hitchcock Final wie es nicht packender hätte sein können. Schade, wollte das letzte Tor nicht fallen, cool war's trotzdem.
Mindestens genauso schade und für mich ärgerlicher ist, dass zeitgleich im staatlichen Fernsehen Zambo (SF1), Fussball Barrage Spiel (SF2)oder NZZ Format (SF Info) geboten wurde. Schade, weil damit wieder einmal mehr dokumentiert wurde welchen Stellenwert Handball beim Schweizer Fernsehen hat, ärgerlich weil Wacker Thun dank einer direkten Fernsehübertragung zur besten Sportsendezeit eine verdiente Plattform für eine Supersaison geboten worden wäre. Vielleicht sogar mit dem einen oder anderen Franken an zusätzlichen Sponsorengelder oder Einnahmen durch Fernsehrechte.
Bei alldem freuen wir uns an dem was wir haben und gönnen wir den Griechen den Erfolg. Im Gegensatz zu uns, haben sie derzeit wenige Gründe in einen Freudentaumel auszubrechen. Letztendlich werden auch sie mit diesem Sieg nicht reich und beneiden uns wahrscheinlich um unsere stabile Wirtschaftssituation und die politische Sicherheit. Am Dienstag sind wir dann wohl alle wieder zur Arbeit angetreten, die Spieler und Funktionäre vielleicht mit einigem Frust im Bauch, aber mit der Gewissheit, dass es auf unserer Welt bei weitem andere Probleme und Herausforderungen gibt als ein Tor zu wenig. So soll Sport sein, die schönste Nebensache der Welt aber immer noch ein Spiel, dass man gerne gewinnt, ungerne verliert aber einfach ein Spiel und als das bitte ohne oder mit wenig Kosten für die Steuerzahlenden.